Erscheinungsbilder
in Die Kultur und Herkunft der Gothic Szene 14.04.2010 13:46von GraveYardAngel •

Ein zentrales Merkmal der Gothic-Kultur ist das Styling, das von vielen ihrer Angehörigen als Mittel der Abgrenzung, der Zugehörigkeit und des Ausdrucks eingesetzt wird. Goths, die ihre Gefühls- und Gedankenwelt durch ihr Erscheinungsbild auszudrücken versuchen, bevorzugen im Allgemeinen die „Farbe“ Schwarz. Sie ist Ausdruck von Ernsthaftigkeit und Nachdenklichkeit, einer Faszination an mystisch-okkulten Inhalten, aber auch von Hoffnungslosigkeit und Leere, Melancholie, Trauer und Tod. Konträr dazu wird sie als einfaches, modisches Element verwendet. Aber auch Blau, Violett, Weiß oder Bordeaux-Rot sind vorzufindende Haar- bzw. Kleiderfarben. Diese werden hauptsächlich zur Akzentuierung eingesetzt. In Anlehnung an die Wurzeln im Punk werden Kleidungsstücke, wie Strumpfhosen oder Netzhemden, absichtlich mit Rissen oder Löchern versehen. Ebenso orientieren sich etliche Frisuren an der Punk- und Wave-Kultur der 1980er Jahre, wodurch sich die Gothic-Bewegung auch heute noch optisch im Post-Punk-Milieu verorten lässt.
Die Bekleidungsstrategie der frühen Gothic-Szene zeigte sich jedoch nicht wie bei den Punks als Ästhetisierung des Hässlichen oder bei den New Romantics als Revival des Glamourösen vergangener Zeiten, sondern als Inszenierung des Horrors. Insbesondere bei den Gruftis galt es lange Zeit als modisch, die Vergänglichkeit des menschlichen Daseins gezielt durch ein totenähnliches Auftreten zu versinnbildlichen. Der glamouröse Aspekt, wie ihn spätere Gothic-Generationen seit den 1990ern kennen, spielte dabei zunächst nur eine nebensächliche Rolle.
Viele Goths grenzen sich allerdings auch bewusst vom Erscheinungsbild der Punk-Kultur ab. Elemente aus Kleidungsstilen der Renaissance sind ebenso präsent wie ein an das Viktorianische Zeitalter oder an den Jugendstil angelehntes Outfit. Dabei sind die jeweiligen Kleidungsstile jedoch nur selten in reiner Form anzutreffen. In der Regel handelt es sich um einzelne Kleidungskomponenten unterschiedlicher Epochen, die eklektisch miteinander kombiniert werden.Gelegentlich werden neben dem damit verbundenen Kleideraufwand auch hohe Kosten in Kauf genommen, um sich beispielsweise ein stilechtes Rokoko-Kostüm schneidern zu lassen. Einige dieser Kleidungsformen werden als Relikt der New-Romantic-Szene angesehen, andererseits gelten die Darsteller romantischer Vampirfilme als modische Vorbilder.
Markante Merkmale können sein
* Blass geschminkte Gesichtsfarbe (Leichenblässe bzw. Viktorianische Ästhetik), hervorgehoben durch dunkle Schminke (wie bspw. Kajal) und Bemalungen (Akzentuierung der Wangenknochen sowie kunstvoll ausgearbeitete Ornamente um Augen und Mund); schwarz lackierte Fingernägel
* Ungewöhnliche Frisuren wie „Tellerminen“ (kreisförmig ausrasierte Haare, oftmals in Form von „Krähennestern“ oder „Turmfrisuren“ gestylt), „Trauerweidenfrisuren“ (lange, toupierte Haare bzw. gekreppte Haare, engl. als „Crimped Hair“ oder „Crimpers“ bezeichnet), Irokesenschnitt (ausrasierter Streifen vom vorderen Haaransatz bis in den Nacken), Undercut (zusätzliche Rasur des Hinterkopfes), meist aufgestellt fixiert, sehr hoch toupiert, zur Seite gelegt oder zum Zopf gebunden; schwarz, seltener blau, rot und violett gefärbt oder blondiert. Seit den 1990er Jahren sind bei Frauen vermehrt Frisuren vergangener Epochen anzutreffen, vereinzelt auch überschulterlange Haare bei Männern.
* Religiöse, okkulte oder esoterische Symbole als Schmuck (bspw. Rosenkränze, Ankh- und Petruskreuze), fast ausschließlich aus Silber
* Armreife en masse (Element der Wave-Mode), Nieten, Piercingschmuck und Sicherheitsnadeln (Element der Punk-Mode)
* Netzhemden, Netzstrumpfhosen, zerrissene Shirts, Vestons und Buttons (Batcave- bzw. Death-Rock-Look)
* Kragenhemden (Plain), Aladinhosen („Sarouel“), Lederjacken, Peacoats, Lodenmäntel, Dr. Martens, Pikes oder Boots (Grufti-Look)
* Rüschenhemden, Talare, Dolmane (Husarenjacke), Gehröcke und Uniformjacken des 18. und 19. Jahrhunderts; Kleider aus Samt, Spitze und Chiffon, häufig im Floral-Design; Pikes und Pumps (Schwarzromantik- bzw. Endzeitromantik-Stil)
* Fracks und schwarze Zylinder („Chapeau Claque“), oftmals mit dunkler Sonnenbrille als Accessoire (angelehnt an Bram Stoker’s Dracula)
* Kragenhemden, Lederjacken, Lederhosen, Biker-Boots, Hüte (späterer Gothic-Rock-Stil, angeregt durch Bands wie The Sisters of Mercy)
* Hennins und Hexenhüte (in den späten 1980ern und frühen 1990ern populär)
* Corsagen, Vollbrustkorsetts und Miedergürtel (Brokat, Samt, Seide oder Leder) bei Frauen, häufig in Kombination mit weiten Reifröcken
Diese Liste bietet nur eine grobe Übersicht über die Vielfalt der Stile, die in der Gothic-Szene verbreitet sind. Für eine genaue Stilbeschreibung gibt es zu viele Kleidungskombinationen, die auch das Sampling von Kleidungselementen szene-fremder Subkulturen, wie der Rivethead-Kultur oder der BDSM-Szene, mit einschließen. Zudem kann ein Goth auch infolge beruflicher Zwänge optisch nicht auf Anhieb der Gothic-Bewegung zugeordnet werden.
Gelegentlich kommt es aufgrund der Kleidung zu Verwechslungen zwischen Goths und Angehörigen der Metal- oder der Mittelalter-Bewegung. Insbesondere weiblichen Metal-Fans dienten Metal-Ikonen wie Liv Kristine (Leaves’ Eyes, früher Theatre of Tragedy), Tarja Turunen (Nightwish), Amy Lee (Evanescence), Sharon den Adel (Within Temptation) oder Vibeke Stene (Tristania) als modische Vorbilder, die sich auf Konzerten und Promotion-Fotos oft in Corsagen, Pannesamt- und Spitzenkleidern präsentieren. Zu weiteren Verwechslungen führte in den vergangenen Jahren der Visual-Kei-Trend, der indirekt und ausschließlich modisch bedingt mit der Gothic-Bewegung in Zusammenhang steht. So treffen sich aufgrund musikalisch breit gefächerter Festivalprogramme immer häufiger Angehörige der Visual-Kei-Szene auf Veranstaltungen wie dem Wave-Gotik-Treffen.

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